EINHEIT

Radio-Sendung von und mit Gerrit Gielen

TEIL 2

 

 

DIE MENSCHHEIT ALS EINHEIT

Ich habe eben über die Einheit auf der kosmologischen Ebene gesprochen, und es wird wahrlich eine Kehrtwendung im Denken des Menschen stattfinden, wenn der Mensch erfasst, dass das Universum ein Ganzes ist, und dass Zeit und Raum ein Segment, eine Komponente dieses Ganzen sind. Dass, mit anderen Worten, nicht Gespaltenheit die Basis ist, sondern Einheit. Derzeit herrscht in der Welt noch der Glaube an Gespaltenheit vor.

Schauen wir uns die Erde einmal an, wie ein Astronaut sie sieht. Schauen wir im Internet Fotos von der Erde an, die aus dem Weltraum entstanden sind, dann sehen wir eine prachtvolle blaue Kugel, ein Ganzes, keine Länder, keine Grenzen. Vergleichen wir sie dann mit einer Landkarte, sehen wir dort lauter gefärbte Felder und stehen diese Felder für die einzelnen Staaten. Und im Grunde steht hinter jeder Grenze, die man auf der Landkarte sieht, eine Geschichte von Kampf und Krieg: "Auf dieser Seite der Grenze sind wir (üblicherweise die 'Guten') und auf der anderen Seite der Grenze sind die anderen, und die könnten zu einer Gefahr werden. Wir müssen uns gegen sie verteidigen, also brauchen wir ein Heer."

Wie kommt es, dass, wenn alles eins ist, die Menschheit so wenig darüber weiß? Dass die Menschen so furchtbar gespalten sind? Wie ist das entstanden und wie können wir das zur Heilung bringen? Denn es ist deutlich, dass diese Gespaltenheit entsetzlich viel menschliches Leid verursacht und dass sie die Quelle von sehr viel Elend und Zank ist und die Quelle des Glaubens ist, dass wir nicht eins seien, sondern dass der andere ein Feind sei. "L'enfer, c'est les autres" [Die Hölle, das sind die Anderen], wie der Philosoph Jean Paul Sartre sagte.

Dies hat damit zu tun, dass der Mensch zwei Aspekte in sich trägt, eine männliche Seite und eine weibliche Seite. Diese beiden Seiten gibt es in jedem Menschen. Was wir in der Vergangenheit, in den letzten Jahrtausenden sehen können, ist, dass die männliche Seite irgendwann dominant wurde und die weibliche Seite als geringer angesehen wurde. Will jemand einen Jungen triezen, sagt er ihm, er benehme sich wie ein Mädchen. Und im Mittelalter zum Beispiel gab es noch viele Theologen, die glaubten, die Frau selbst habe gar keine Seele. Überall wurde das Weibliche unterdrückt. Frauen, die selbständiger dachten, wurden oft auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Und darin, im Ungleichgewicht zwischen dem Männlichen und dem Weiblichen, liegt eine Ursache des Problems.

Wenn ein Gleichgewicht herrscht, möchte das Männliche im Menschen auf Abenteuer gehen und den Kosmos erkunden und erforschen, und besteht zugleich vonseiten des Weiblichen die Verbindung mit der Einheit. Das Weibliche hält diese Verbindung instand und das Männliche will auf Entdeckungsreise gehen, und so besteht Ausgewogenheit.
Man kann es sich so vorstellen, dass der Mensch ursprünglich über die Erde wanderte, voller Neugier war, das Leben genoss und Dinge entdecken wollte. Er streifte umher und er war frei. Wie konnte er das tun? Woher hatte er dieses Vertrauen? Der Grund dafür war, dass Frauen und auch das Weibliche selbst in dieser Gemeinschaft einen sehr wichtigen Status hatten. Die Menschen fühlten sich über ihre weibliche Seite mit der Einheit verbunden. Das ist die Wirkungsweise des Weiblichen: sich beständig der Einheit bewusst zu sein, sich beständig der Verbindung mit der Erde bewusst zu sein, sich beständig der Verbindung mit dem Kosmos bewusst zu sein.

Wenn die weibliche Qualität ausreichend entwickelt ist und respektiert wird, sorgt sie für ein tiefes Einheits-Bewusstsein und auch für ein Bewusstsein für das Leben. Männer schauen mehr auf das Äußere und wollen Dinge entdecken und das weibliche Bewusstsein ist mehr auf das Herz, auf das Innere ausgerichtet. Durch unser weibliches Bewusstsein können wir das Innere wahrnehmen. Und dann lebt alles, alles hat Bewusstsein und infolge von und aus diesem Bewusstsein besteht die Einheit. Wenn wir aus unserem Herzen heraus einen anderen anschauen, sei es nun ein Tier, eine Pflanze oder ein Mitmensch, fühlen wir augenblicklich auch das Innere dieses anderen und dass er ein lebendiges Wesen ist.

Wenn wir den Kontakt mit unserer eigenen Weiblichkeit verlieren, dann fokussieren wir uns auf das Äußere und erfahren wir die Getrenntheit, vergessen wir, dass eine Einheit hinter dem steht, den oder das man da sieht, vergessen wir die Einheit im Kosmos, die Einheit der Erde, die Einheit allen Lebens, die Einheit der Menschheit. Das Unterdrücken des Weiblichen führt also zu einem Fokus auf das rein Äußerliche, führt zum Entstehen des Glaubens an Gespaltenheit. Und das ist es, was mit der Menschheit fehlgelaufen ist: der Verlust des Kontakts mit der weiblichen Seite, sowohl bei Männern als auch bei Frauen. In dem Moment, wo wir als Mensch den Kontakt mit unserer Weiblichkeit, mit unserer weiblichen Seite wiederherstellen, öffnet sich unser Herz wieder. Und wenn unser eigenes Herz sich öffnet, sehen wir auch das Herz und das Leben im anderen wieder und fühlen wir wieder den Kontakt mit der Quelle, mit der Einheit.

Zurzeit befindet sich die Menschheit in einer sehr maßgeblichen Phase. In den vorherigen Jahrhunderten hat es entsetzlich viel Kampf gegeben, zugleich aber ereignete sich in derselben Zeit auch eine Neubewertung von Frauen. Frauen konnten wieder Direktoren, Leiterin einer Fabrik werden. Frauen erhielten wieder ein Stimmrecht. Und nun ist eine neue Phase im Gange, es geschieht nicht nur eine Neubewertung und neue Wertschätzung für Frauen, sondern auch des Weiblichen, des Herzens. Und was geschieht, wenn das Weibliche wieder wertschätzt wird - was überall in der Welt nun in Bewegung kommt - ist, dass wir wieder verbunden sind.
Das ist der Übergang, in dem die Menschheit sich nun befindet, der Übergang von der Gespaltenheit zur Einheit, von der Angst zur Liebe. Denn der Glaube an Gespaltenheit bedeutet ein Glaube an Kampf und er basiert auf Angst und dem Gedanken: "Ich muss um meinen Platz kämpfen". Denn es gibt sehr viele Menschen, die einen Platz brauchen. Alles im Kosmos kämpft um einen Platz. Das ist es, was wir Darwinismus nennen: der Kampf aller gegen alle. Doch das ist ein recht falsches Bild.

Ein Biologe, der eine authentische Studie über einen Wald vornimmt, erkennt, dass dieses Bild nicht stimmt, er sieht, dass ein Wald ein Ganzes ist und dass dort jeder darin mitwirkt, den Wald zu erhalten. Ich kann mich zum Beispiel noch genau erinnern, dass ich früher in der Schule lernte, dass Eichhörnchen sehr dumm seien. Sie vergraben Nüsse an etlichen Plätzen und vergessen sie dann scheinbar. Sie scheinen also nicht besonders schlau. Später haben Biologen entdeckt, dass die Eichhörnchen dadurch zum Wachstum des Waldes beitrugen. Denn sie vergraben diese Nüsse an Stellen, wo der Boden gut ist, wo Bäume wachsen und gedeihen können. Und so bilden sie einen Teil von einem weit größeren Ganzen. Diese Fusion ist die Einheits-Fusion.

Ganz allmählich beginnt die Menschheit, sich diese Fusion wieder zu eigen zu machen. Und wenn wir aus dieser Einheits-Fusion heraus, also aus dem Herzen heraus schauen, beginnen wir uns wieder mit der Erde und mit allem verbunden zu fühlen. Wir sehen die Erde dann wieder als ein bewusstes lebendiges Wesen an und sehen, dass wir einen Teil der Erde bilden. Wir stehen dann nicht länger im Kampf oder Konflikt mit der Erde. Wir gehen dann von einer Ökonomie, die auf dem Raubbau an der Erde basiert und eine Verschmutzung der Erde bewirkt, zu einer Ökonomie über, die ganz und gar in Harmonie mit der Erde ist. Und hierbei geht es nicht mehr um Vorstellungen oder Ideen, sondern um das Gefühl. Das Empfinden von "Die Erde ist etwas Lebendiges! Es liegt ein Bewusstsein dahinter - und wir sind tief mit diesem Bewusstsein verbunden!"

Es geht zudem um die Art und Weise, wie wir unsere Mitmenschen betrachten. Es gibt keine Feinde! Wir wollen alle das Beste für unsere Kinder, wir empfinden alle Kummer, wenn etwas mit unseren Kindern nicht gut geht, wenn Dinge schiefgehen. Wir streben alle nach Glück, wir streben alle nach einem Leben in Harmonie mit unseren Mitmenschen, auf dass wir wirklich das Wunder genießen können, das der andere ist, und mit dem anderen ins Gespräch kommen können und entdecken können, wie reich das Innere des anderen ist, und uns an der Geschichte, dem Abenteuer des Lebens des anderen erfreuen können. Und in diesem Übergang befinden wir uns jetzt, wir sind auf dem Weg in eine neue Welt, eine Welt, in der das Weibliche wieder seinen ursprünglichen Status erhält, den Status des Herzens, den Status der Verbundenheit.

Wir sind tief mit jedem Menschen verbunden. Und das Bewusstsein dieser Verbundenheit entspricht im Wesentlichen dem Bewusstsein der inneren Einheit mit allem was lebt. Dafür ist es wichtig, dass wir unseren Fokus wieder vom Äußeren der Dinge mehr hin zum Inneren der Dinge, zum Innerlichen verlagern, denn da liegt die Einheit. Und ein anderes sehr schönes Wort für die innere Einheit des Lebens ist: "Liebe".

Im ersten Teil habe ich darüber gesprochen, dass in der äußeren Welt das Licht das Fundament der Einheit ist, da es unabhängig ist von Zeit und Raum. Und auch die Liebe ist unabhängig von Zeit und Raum. Liebe verbindet uns mit allem, was existiert, aus dem Inneren der Dinge heraus. In dem Moment wo wir uns für das Herz, für das Weibliche öffnen, fühlen wir Liebe. Dann fühlen wir Liebe für den anderen, dann fühlen wir Verständnis für den anderen und fühlen wir, dass dieser andere einen Platz im Kosmos hat, dass Raum und Platz für alles Leben ist. Und fühlen wir die Liebe in unserem eigenen Herzen, dann fühlen wir auch die Liebe im Herzen des Universums selbst, im Herzen der Erde. Wir wissen dann, dass Liebe das Fundament von allem ist.

 

 

Zu den anderen Kapiteln (bitte anklicken):

TEIL 1      DER KOSMOS ALS EINHEIT

TEIL 3+4  DER MENSCH ALS EINHEIT   nebst  MEDITATION FÜR INNERE EINHEIT

 

Vielen Dank für das Anhören meiner Sendung.

 


Autor der Sendung: © Gerrit Gielen
(Link zur niederländischen Original-Aufnahme)
Übersetzung: Yvonne Mohr, https://www.lichtderwelten.de/index.php/betrachtungen/gerrit-gielen/betrachtungen-und-meditation-zum-thema-einheit/die-menschheit-als-einheit